Im Niemandsland einer Flughafenhalle: Die Piktogramme deuten nach oben – Departure, Aufbruch - , die verglaste Galerie durchqueren emsige Reisende. Eine Papierpalme und vor einer Leiter drei Eimer: schwarz, rot, gelb. Viel mehr muss das Bühnenbild von Mascha Deneke nicht andeuten, die Säulenhalle im Nürnberger Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände bietet Assoziationsfläche genug für dieses Stück über Flucht, Folter und einen gescheiterten Asylantrag. Dass ´Dunkelrot´ vor allem aber auch ein Stück über den Verlust der Heimat ist, wird in den szenisch wie musikalisch stärksten Momenten am Ende offenbar. Ulrich Proschka bringt die ineinander verzahnten Bedeutungsebenen mit sparsamen Mitteln eindringlich zum Sprechen.
Donaukurier Ingolstadt
Während das Libretto reichlich gediegen und moralinsauer daherkommt, bettet Obermüller die Geschichte in einen äußerst suggestiven Soundtrack. (Ulrich Proschka hat) …dem Librettokitsch starke, aber unpathetische Bilder entgegengesetzt.
Die Welt
Lien Haegeman, die Hauptdarstellerin, wird nach ersten Konfrontationen mit hiesigen Behörden bzw. Herrn Mehr und Frau Heit schwarz geschminkt und so erst zur „Negerin“. (…) Die Produktion kam in der Säulenhalle des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes heraus – dort, wo Hitler nach seinem Endsieg (…) zu repräsentieren gedachte. Der kahle hohe Raum ist jetzt Bestandteil der Gedenkstätte. Unten ist aus dem kalten deutschen Steinboden eine Palme aufgeschossen. Vor den übergrossen Piktogrammen, die den Weg zum Abflug weisen, und ein paar grauen Plastikschalen-sitzen wartet ein weisser Haufen. Sand könnte es sein oder Salz, was da den Mittelpunkt der Spielfläche markiert. Mehr hat Mascha Deneke als bespielbare Installation nicht angeboten. Und mehr ist für die angemessen sparsame Inszenierung von Ulrich Proschka auch nicht nötig. (…) ´Dunkelrot´ wurde diesem Ort zugedacht. Und dort ist es zum rechten Zeitpunkt auf überzeugende Weise erschienen.
Deutschlandradio
Ulrich Proschka breitet vor einer Kunstpalme, in der unsere Wahrnehmung von Exotik stilisiert scheint, die zeremonielle Geschäftigkeit eines Airportpublikums aus. Über dem Einzelschicksal, das zwischen erinnerter Heimat, für die ein Häufchen Salz steht, und den Abwehrmechanismen gegen ungebetene Gäste verläuft, suchen Passagiere ihr Gate ins Globale. Hier treffen sich Musik und Inszenierung auf einer Parabelhöhe, auf der die empörten Recherchetexte nur noch keuchen.
Opernwelt
Im Konzept ist Dunkelrot personalisiert. Cyrena Dunbar, lange Jahre Mitglied im Tanzensemble von Daniela Kurz, verkörpert die lemurenhafte Erinnerung an physischen und psychischen Schmerz wie eine leibhaftige Pietá. Dunkelrot ist die Farbe des Blutes, der Gefahr, des Alarms.
Und Ulrich Proschka hat diesen Regie-Ansatz nicht nur subtil weiterentwickelt, sondern das Äußerste an Visualisierung aus der knappen Textvorlage herausgeholt. Und auf diese Weise entsteht aus einer szenischen Kantate doch so etwas wie ein fesselndes musikdramatisches Geschehen. Trotz der Frage, ob Oper wirklich das geeignete Medium für die zugespitzte gesellschaftliche These ist, passte einfach vieles hervorragend ineinander.
Nürnberger Nachrichten